Die formale Thematisierung von Oberflächen, wie wir sie bereits in einigen früheren Arbeiten von Robert F. Hammerstiel finden können 1), erfährt in seinen neuesten Werken eine merkliche Radikalisierung. Diese bezieht sich einerseits auf Darstellungsstrategien (so wird der Objektcharakter der Photographien immer stärker betont, sodaß keine eindeutige Grenze mehr zwischen Bild und Objekt gezogen werden kann), andererseits werden Oberflächen in ihren verschiedensten Objektausformungen nicht nur zu einem photographischen Bildthema, sondern in ihren pikturalen Transfers gleichzeitig auch zu photoplastischen Objekten.
Stuck und Out of the blue I bzw. II, zwei 1996 entstandene Serien, zeigen diese Tendenzen sehr schön. Stuck ist die photographische Aufnahme von Rückseiten massen-erzeugter Stuckkunststoffrosetten, wobei die ursprüngliche Form der Ränder beibehalten wurde und sie im Maßstab 1:1 zwischen zwei dicken, analog zu den Rosetten geschnittenen Acrylglasplatten verklebt wurden. Das Ergebnis ist ein zwischen Bild und Objekt vazierendes Werk, das sowohl auf den fabrikatorischen Charakter von Stuck verweist als auch auf Themen wie die Ästhetik industrialisierter Lebensformen sowie den daraus resultierenden Befindlichkeiten häuslicher Geborgenheit und Identität.
Out of the blue thematisiert Oberflächen(effekte) von Verpackungsmaterial diverser Alltagsgegenstände. Das auf die formale Ästhetik reduzierte Material fungiert als konvex-konkaves Wahrnehmungsdispositiv. Wir sehen Formen von Objekten, die selbst unsichtbar sind (etwa von verschiedenen Messern oder einem Dildo); lediglich ihre formale Struktur verweist noch auf sie. Die materielle Absenz dieser Gegenstände erfährt ihre Präsenz als leere Form von Verpackungsmaterial. Robert F. Hammerstiel knüpft hier an eine frühere Arbeit (Inside.Out von 1993) an; was damals noch als Entität gesetzt wurde (Inhalt/Gegenstand und Verpackung) verschiebt sich zu einem Spiel von Präsenz und Absenz.
Beide Werkgruppen greifen zentrale Themen im Oeuvre des Künstlers wieder auf (Identität, Künstlichkeit, Heimat, Repräsentationsmuster etc.), transferieren sie aber nun auf die Ebene von Sichtbarkeit/Unsichtbarkeit. Es geht also um Repräsentationseffekte als Oberflächenphänomene, die in der Spezifität des photographischen Transfers zu realen
(Bild-)Oberflächen mutieren. Diese Ñprospektive Archäologieì beschreibt und notiert ein In-der-Welt-sein als postidentischen Habitus im Sinne von Pierre Bourdieu.
- Vgl. Carl Aigner: Robert F. Hammerstiel - Da-Heim, in: Eikon, Heft 10/11, Wien 1994, S. 49 ff.
Carl Aigner, Wien 1992